Eine Gefährdungsbeurteilung ist das Herzstück eines wirksamen Arbeitsschutzes, wenn im Betrieb mit Gefahrstoffen umgegangen wird. Sie möchten wissen, was genau darunter zu verstehen ist, welche rechtlichen und praktischen Vorgaben es gibt und wie Sie als Arbeitgeber oder Sicherheitsfachkraft Schritt für Schritt vorgehen. Im Folgenden finden Sie eine ausführliche, leicht verständliche Übersicht nach den Vorgaben der TRGS 400.
1. Was ist eine Gefährdungsbeurteilung?
Unter einer Gefährdungsbeurteilung versteht man ein systematisches Verfahren, bei dem alle relevanten Gefährdungen durch Gefahrstoffe im Betrieb ermittelt, bewertet und anschließend geeignete Schutzmaßnahmen festgelegt werden. Dabei werden alle Expositionswege – Einatmen, Hautkontakt, Verschlucken – sowie physikalisch-chemische Gefährdungen wie Brand- und Explosionsrisiken betrachtet. Ziel ist es, die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten zu gewährleisten und gesetzliche Vorgaben zu erfüllen .
2. Worauf ist zu achten?
2.1 Verantwortung und Organisation
- Verantwortung: Der Arbeitgeber trägt die Gesamtverantwortung für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung. Er kann die Aufgabe an fachkundige Personen delegieren, bleibt aber stets verantwortlich für das Ergebnis und die Umsetzung der Maßnahmen .
- Organisation: Eine geeignete betriebliche Struktur muss sicherstellen, dass Schutzmaßnahmen dauerhaft umgesetzt, kontrolliert und bei Änderungen angepasst werden. Dazu gehören klare Zuständigkeiten, definierte Abläufe, regelmäßige Unterweisungen und dokumentierte Meldewege .
2.2 Fachkunde
Personen, die die Beurteilung durchführen, müssen über folgende Kenntnisse verfügen:
- Informationsquellen zu Gefahrstoffen (z. B. Sicherheitsdatenblätter, EMKG, GESTIS)
- Chemisch-physikalische Eigenschaften der verwendeten Stoffe
- Abläufe und Bedingungen am Arbeitsplatz
- Methoden der Gefährdungsbewertung nach TRGS 400
- Substitutionsprüfung gemäß TRGS 600
- Auswahl und Einsatz technischer, organisatorischer und persönlicher Schutzmaßnahmen .
2.3 Vollständige Informationsbasis
Zur Ermittlung von Gefährdungen nutzt man:
- Sicherheitsdatenblätter und Expositionsszenarien
- Datenbanken wie GESTIS oder GISBAU
- Ergebnisse aus messtechnischen Untersuchungen oder Betriebsbegehungen
- Stoff- und tätigkeitsbezogene Technische Regeln (TRGS) oder Verfahrensspezifische Kriterien (VSK) .
2.4 Regelmäßige Aktualisierung
Die Gefährdungsbeurteilung muss in definierten Abständen und bei Anlass (z. B. neue Stoffe, Arbeitsverfahren, Unfälle) überprüft und bei Bedarf überarbeitet werden. Das Intervall legt der Arbeitgeber fest – häufig halbjährlich oder jährlich .
3. FAQ – Die wichtigsten Fragen
Wer muss die Gefährdungsbeurteilung durchführen?
Der Arbeitgeber ist verantwortlich. Er kann jedoch fachkundige Mitarbeiter oder externe Berater hinzuziehen .
Wann ist eine Aktualisierung erforderlich?
Bei Einführung neuer Stoffe, veränderten Arbeitsbedingungen, nach Beinahe-Unfällen oder wenn Schutzmaßnahmen nicht mehr wirken .
Welche Expositionswege müssen betrachtet werden?
- Inhalativ: Einatmen von Dämpfen, Stäuben oder Gasen
- Dermal: Hautkontakt mit Flüssigkeiten oder Feststoffen
- Oral: Verschlucken bei unzureichender Hygiene
- Physikalisch-chemisch: Brand- und Explosionsrisiken .
Kann ich Vorlagen oder Handlungsempfehlungen nutzen?
Ja, stoff- oder tätigkeitsbezogene TRGS und VSK können direkt angewendet werden. Voraussetzung ist, dass sie die Kriterien aus Anhang 2 erfüllen oder die Dokumentation auf diese Empfehlungen verweist .
Welche Inhalte müssen dokumentiert werden?
Mindestens müssen festgehalten werden:
- Zeitpunkt und beteiligte Personen
- Arbeitsbereiche und Tätigkeiten mit Gefahrstoffen
- erkannte inhalative, dermale und physikalisch-chemische Gefährdungen
- Häufigkeit und Dauer der Exposition
- festgelegte Maßnahmen und deren Wirksamkeitsprüfung
- Substitutionsprüfung und Abweichungen von Regelwerken .
4. Best Practice: Erfolgreiche Umsetzung
- Klares Vorgehensmodell nutzen
Orientieren Sie sich am Vorschlag aus Anhang 1 der TRGS 400:- Beauftragte Person festlegen
- Tätigkeiten mit Gefahrstoffen systematisch erfassen
- Informationen zu Stoffen und Arbeitsbedingungen einholen
- Gefährdungen inhalativ, dermal und phys.-chem. ermitteln
- Risiken bewerten und Substitutionsmöglichkeiten prüfen
- Geeignete Schutzmaßnahmen definieren und umsetzen
- Wirksamkeit kontrollieren und dokumentieren .
- Mitarbeiter aktiv einbinden
Informieren Sie Betroffene frühzeitig, holen Sie Feedback ein und führen Sie praxisnahe Unterweisungen durch. Binden Sie die Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte ein. - Digitales Gefahrstoffmanagement
Pflegen Sie ein elektronisches Gefahrstoffverzeichnis nach TRGS 400 § 5.8, verknüpft mit SDS und Prüfprotokollen. Das erleichtert Aktualisierung und Zugriff . - Audit- und Review-Prozess etablieren
Legen Sie feste Termine für die Wirksamkeitsprüfung technischer Schutzmaßnahmen (z. B. Lüftungsanlagen jährlich) und persönlicher Schutzausrüstung fest. Dokumentieren Sie alle Prüfergebnisse und leiten Sie bei Abweichungen sofort Korrekturmaßnahmen ein .
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